

Bioenergiedorf Leibertingen jetzt am Netz
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller weiht Bioenergiedorf Leibertingen ein
Ziel: Ökologischer Mix aus Sonne, Biomasse und Wind
Mit einem Festakt wurde am 01.02.2012 das Bioenergiedorf Leibertingen offiziell in Betrieb genommen. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller ließ es sich nicht nehmen, dieses Leuchtturmprojekt am Mittwoch zu besichtigen. Er dankte bei dieser Gelegenheit den Bürgerinnen und Bürgern Leibertingen ganz herzlich, sich mit ihrer hohen Anschlussbereitschaft ans Nahwärmenetz beteiligt zu haben. "Nur mit einer guten Anschlussquote, wie sie in Leibertingen erreicht wurde, sind solche Projekte auch realisierbar", so Umweltminister Untersteller.
Voraussetzung für den Erfolg waren zahlreiche Öffentlichkeitsveranstaltungen, Besichtigungen anderer Bioenergiedörfer und unzählige Hausbesuche, bei denen individuell auf die Fragen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger eingegangen wurde. Die Gemeinde Leibertingen ging als gutes Beispiel voran und hat alle öffentlichen Liegenschaften an das Nahwärmenetz angeschlossen. "Für uns als Gemeinde war es nicht nur wichtig, die eigenen Gebäude anzuschließen, sondern auch das Netz und Teile der Heizzentrale selbst zu betreiben" so Armin Reitze, Bürgermeister von Leibertingen. "Damit schafft man vertrauen und steigert die Akzeptanz für ein solches Projekt." Das Nahwärmenetz und der Hackschnitzelkessel werden von einer Gemeinde-eigenen GmbH betrieben.
Siegfried Müller, Geschäftsführer der Bioenergie Leibertingen GmbH dankte allen beteiligten Unternehmen, die dazu beigetragen haben, dass das Projekt innerhalb eines Jahres umgesetzt wird. "Die Firmen, die fast alle aus Baden-Württemberg kamen, haben sehr gut zusammengearbeitet. Was anfänglich unmöglich erschien, über fünf Kilometer Netz zu bauen, fast 100 Gebäude anzuschließen und eine Heizzentrale zu errichten, hat nur dank der hohen Einsatzbereitschaft aller Beteiligten geklappt." Jörg Dürr-Pucher, Geschäftsführer vom Beratungs- und Koordinationsbüro Clean Energy aus Radolfzell, griff die Aussage von Herrn Müller auf und betonte "Leibertingen zeigt, wie regionale Wertschöpfung und Klimaschutz mit Bioenergiedörfern aussehen kann. Außerdem sind Bioenergiedörfer ein wichtiger Beitrag, den ländlichen Raum als erneuerbare Energiereserve für Ballungsräume zu etablieren." Auf der Gemarkung Leibertingen wurde zudem von der EnBW und der Bürgerenergiegenossenschaft Leibertingen auf einer 7,5 Hektar großen ehemaligen Deponie 2009 eine Freiland-Solaranlage gebaut. Zudem gibt es Bestrebungen, in Zukunft die Windkraftpotentiale in Leibertingen und der benachbarten Kommune Messkirch zu prüfen und selbst Windkraftanlagen zu errichten.
Vor dem eigentlichen Festakt besichtigte Umweltminister Untersteller die Heizzentrale. Dort liefert ein Biogas-BHKW eine Leistung von bis zu 290 kW thermisch. Das BHKW wird vom örtlichen Bioland-zertifizierten Bäumlehof betrieben. Mit einer 2,2 km langen Gasleitung, wird das Biogas vom Aussiedlerhof in den Ort transportiert. Eine Besonderheit bei der Biogasproduktion auf dem Bäumlehof ist, dass lediglich Grünschnitt und Rindermist zum Einsatz kommen. Mais wird nicht eingesetzt. Der Verzicht auf Mais schützt Boden und Grundwasser und ist zudem ein Beitrag, die Landschaft im touristisch-geprägten Oberen Donautal zu erhalten.
Neben dem BHKW deckt ein Holzhackschnitzelkessel mit 700 kW als Mittel- bzw. Spitzenlastkessel den Wärmebedarf ab. Die für den Betrieb nötigen Hackschnitzel kommen aus dem Gemeindewald oder den regional umliegenden Wäldern.
An das 2011 gebaute knapp 5,5 km lange Nahwärmenetz sind derzeit 99 Gebäude angeschlossen. 16 weitere Haushalte haben sich einen Anschluss für einen späteren Zeitpunkt, einen sogenannten Anschluss auf die Grüne Wiese, legen lassen. Damit werden in Leibertingen nun 220.000 Liter Heizöl und zusätzliche 330.000 kWh Strom für Nachtspeicherheizungen ersetzt. Das entspricht einer CO2 Einsparung von knapp 880.000 kg jährlich.
Nahwärme für Leibertingen
Die Gemeinde Leibertingen im Kreis Sigmaringen hat ca. 690 Einwohner, die verteilt in 220 Haushalten leben. Seit 2007 besteht in der Gemeinde Interesse an der Realisierung eines Nahwärmenetz. Die bestehende Biogasanlage auf dem Bäumlehof produziert seit 2006 zuverlässig Strom und Wärme. Sie hat eine Leistung von 250 kW. Mit der Umsetzung des geplanten Bioenergiedorfes soll die Biogasanlage um weitere 250 kW erweitert werden.
Clean Energy berät seit Ende 2009 die Gemeinde Leibertingen und unterstützt sie bei diesem ehrgeizigen Projekt. Mit Informationsveranstaltungen zum Thema Bioenergie, Nahwärme, Nachtstromspeicherheizungen und Haustechnik wurde das Interesse der Bürgerinnen und Bürger geweckt. Mit der Erhebung der Wärmedaten sämtlicher Haushalte von Clean Energy wird das zukünftige Nahwärmenetz geplant.
Am 25. Oktober 2010 hat der Gemeinderat Leibertingen mit einer klaren Mehrheit der Realisierung des Projektes "Bioenergiedorf Leibertingen!" zugestimmt.